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04.10.2007

DR. WATSON News

Smarties - jetzt natürlich bunt
Joachim E. Röttgers

Immer mehr Nahrungsmittel ohne Zusatzstoffe

Industrie reagiert auf Ängste der Verbraucher

Die europäische Lebensmittelindustrie reagiert auf die wachsende Skepsis der Verbraucher gegenüber chemischen Zusätzen in Lebensmitteln und bringt vermehrt neue, zusatzstofffreie Produkte auf den Markt. Dies ergab eine Untersuchung des britischen Marktforschungsunternehmens Mintel. Einige chemische Additive waren in jüngster Zeit vermehrt in die Kritik geraten, weil sie zu Hyperaktivität bei Kindern führen können (Dr. Watson NEWS vom 31.7.2007).

Der Untersuchung des britischen Marktforschungsunternehmens Mintel vom 19. September zufolge kamen 2007 in Großbritannien insgesamt 1019 neue, zusatzstofffreie Lebensmittel auf den Markt. Damit lagen die britischen Nahrungsfirmen im Wettstreit um die chemiefreien Produkten unangefochten auf dem ersten Platz. Nur auf Platz 2 kamen die deutschen Nahrungsfirmen, die in diesem Jahr 388 neue Produkte ohne Zusatzstoffe eingeführt hatten.

Im August 2007 hatte eine Studie der Universität im britischen Southampton ergeben, dass Kinder unter Einfluss von Farb- und Konservierungsstoffen verstärkt zu Hyperaktivität neigen. Die von der britischen Lebensmittelbehörde FSA in Auftrag gegebene Untersuchung zielte auf die Lebensmittelzusatzstoffe Tartrazin (E102), Cochenillerot A (E124), Gelborange-S (E110), Azorubin (E122), Chinolingelb (E104) und Allurarot (E129), zudem den Konservierungsstoff Benzoesäure (E211). Diese Stoffe sind vor allem in bunten Soft-Drinks und Süßigkeiten, aber auch in Instantnahrungsmitteln wie Maggis "2-minute-noodles" oder Dr. Oetkers "Dessert Soße Vanille" zu finden.

Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat inzwischen den Farbstoff Rot 2G (E128) verboten und überprüft nun auch die Zulassungsvorschriften für die in der EU zugelassenen Farbzusätze und E-Stoffe in Lebensmitteln.

Auch der weltgrößte Lebensmittelkonzern Nestlé stellt seine Smarties-Schokolinsen seit Anfang 2007 ohne künstliche Farbstoffe her. Dies geschieht vor dem Hintergund des "zunehmenden Wunsches der Verbraucher nach Kinderprodukten ohne künstliche Farbstoffe", so Nestlé. Der Konzern teilte Dr. Watson mit, dass die bisherigen Zusatzstoffe (E100, E101, E120, E133, E160a, E171) durch Farbstoffe natürlichen Ursprungs ersetzt wurden.

Als Farbstoff natürlichen Ursprungs gilt, so Nestlé, beispielsweise E153, gemeinhin unter dem Namen Pflanzenkohle bekannt. Sein schwarzer Farbton entsteht durch pflanzliche Materialien wie Holz, Zellulose, Torf, Kokosnuss- und anderen Schalen. Weiterhin eingesetzt, da natürlich, wird auch der rote Farbstoff Karmin (E120), ein färbender Extrakt aus der Cochenilleschildlaus Dactylopius Costa. Als natürlich gilt hingegen auch der gelbe Farbstoff Riboflavin (E101), der laut Nestlé "durch einen fermentativen Prozess aus Zuckerrohrmelasse hergestellt" wird.

Im Streit um die Chemie in Lebensmitteln hatte sich die internationale Vereinigung der Additiv-Hersteller IADSA noch im Mai diesen Jahres beim Treffen der zuständigen UN-Organisation Codex Alimentarius in Peking über einen politischen "Sieg" gefreut, so der Verband in einer Mitteilung. Er hatte den erhöhten Einsatz von neun Zusatzstoffen in Lebensmitteln durchsetzen können, darunter der umstrittene Süßstoff Aspartam.