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26.04.2022

DR. WATSON exklusiv

Moderne Milch: Die weiße Gefahr

Wie ein urgesundes Traditionsgetränk in Verruf gebracht wurde

Moderne Milch: Alles künstlich oder was?
DeanDrobot / iStock

Alarmstufe Rot für das weiße Getränk: Wie gefährlich die Milch wirklich ist, was es mit der H-Milch auf sich hat – und die klügere Wahl am Kühlregal.



Jetzt hamstern sie wieder – ausgerechnet H-Milch, nicht nur in Krisenzeiten an der Spitze der Beliebtheitsskala. Die klassische, pasteurisierte Milch ist auf dem Rückzug, nur noch eine Randerscheinung.

 

Die H-Milch ist das neue normal – mit erheblichen Folgen für die Gesundheit. Denn die ultralange Haltbarkeit hat natürlich ihre Schattenseiten – und einen versteckten gesundheitlichen Preis.

 

Eigentlich ist es ultragesund, das Getränk von der Kuh, seit Jahrtausenden genießen es auch die Menschen. Dass sie neuerdings ein Imageproblem hat, hängt auch mit dem zusammen, was heute normal geworden ist: Zum Beispiel monatelange Haltbarkeit durch milchindustrielle Manipulationen, damit einhergehende Krankheitsfolgen, und nachhaltige Rufschäden. Trendig, wenngleich nicht unbedingt gesünder, sind heute künstliche Alternativen, Ersatzprodukte aus Hafer, Soja & Co. Coole Zeitgeistdrinks mit blütenweißem Image. 

  

Milch? Muss nicht sein, dekretierte die weltweit wichtigste Instanz in Sachen Ernährung und Gesundheit, die Harvard School of Public Health. Sie sei “nicht nötig” für meisten Erwachsenen.

 

Meinungskrieg um die Milch

 

Ein dramatischer Abstieg. Einst als Kraftspender gerühmt, vor allem für Kinder, zur Stärkung der Knochen, gilt sie jetzt als Schadstoff, als Krankmacher.

 

Schon fragen die Medien: „Ist die Kuhmilch am Ende?“

 

Alarmstufe Rot für das weiße Getränk. Es steht viel auf dem Spiel. Vor allem für die Milch-Profiteure. Doch kampflos wollen sie das Feld nicht räumen. Jetzt holen sie zum Gegenschlag aus, machen ein paar Millionen locker für den Meinungskrieg in den Medien, räumen eine Ecke im Internet frei für Reklame, treffen sich sogar direkt zum Duell, mit einem Kontrahenten von der feindlichen Truppe.

 

Die Kriegskasse ist gut gefüllt, schließlich ist es ein Multi-Milliardengeschäft, das sie gern retten möchten, die großen, global operierenden Milchkonzerne.

 

Wer das Kuhgetränk versaut hat

 

Dabei sind sie es, die es so versaut haben. Sie haben ein eigentlich gesundes Getränk zum Schadstoff gemacht, auf den immer mehr Menschen allergisch reagieren. An Laktoseintoleranz sollen nach amtlichen Angaben schon 15 Prozent der Bevölkerung leiden – jeder Siebte. Sie haben mit ihrer Profitgier dafür gesorgt, dass sie jetzt in Verruf ist, die Abwehr schwächt, das Leben verkürzt, Auslöser ist für Zivilisationskrankheiten aller Art. Sogar Pickel soll sie machen. Verantwortlich: Big Milk. Die global aktive Milchindustrie. Sie hat die Milch zur weißen Gefahr gemacht.

 

Dabei ist das Rohprodukt, die Milch von der Kuh, in Wahrheit sehr gesund, die Menschheit lebt seit Jahrtausenden davon, viele naturnahe Völker heute noch.

 

Und Kinder auf klassischen Bauernhöfen, wenn sie die Milch direkt ab Kuh trinken, sind viel gesünder sind als die Stadtkinder mit ihrer H-Milch.

 

Milch ist also nicht gleich Milch. Es kommt drauf an, was man draus macht. Doch 95 Prozent des Angebotes bestehen aus Milchsorten, die, zum Beispiel, die menschlichen Abwehrkräfte schwächen – hochproblematisch vor allem in Zeiten viraler Bedrohung.

 

Etwa H-Milch: Sie dominiert mittlerweile den Markt, gemeinsam mit der ebenfalls lange haltbaren ESL-Milch – erkennbar am klein gedruckten „länger haltbar“ auf der Packung.

 

Und hier liegt das Problem.

 

Denn nicht die Milch ist ungesund, sondern die Verhältnisse, in denen sie produziert wird – und dadurch zum Problemprodukt gemacht.

 

Moderne Milch als Krebsrisiko

 

Die weiße Gefahr: das ist nicht die Milch als solche, sondern die „moderne Milch“. Zum Beispiel, wenn es ums Krebsrisiko geht. Auch das eine Erkenntnis der Elite-Universität Harvard.

 

Das fängt schon mit dem Produktionsstress an, unter dem die moderne Industrie-Kuh steht, mit Dauerausstoß, verkürzter Babypause nach dem Kalben – und erhöhtem Hormongehalt, der zu erhöhtem Krebsrisiko führen könne.

 

Denn: Je mehr Milch die Menschen trinken, desto häufiger kriegen sie die einschlägigen Krebsarten. So war das jedenfalls war in den 42 Ländern, die eine Harvard-Gastwissenschaftlerin namens Davaasambuu Ganmaa durchscannt hatte. Nur nicht in ihrem Heimatland, der Mongolei.  Dort wird zwar viel Milch getrunken – aber Brustkrebs zum Beispiel komme kaum vor.

 

Ihr Fazit: Nicht die Milch ist das Problem, sondern das, was die Industrie draus gemacht hat. „Die Milch die wir heute trinken, ist eine ganz andere als die, die unsere Vorfahren getrunken haben“, sagt die Forscherin (siehe Hans-Ulrich Grimm: Fleisch darf uns nicht wurscht sein).

 

Möglicherweise hat es auch mit den hormonellen Veränderungen zu tun, wenn die Milch selbst bei ihrer Kernkompetenz versagt, der Knochenstärkung, und sogar zu vorzeitigem Tod führt, wie schwedische Forscher herausfanden.

 

Medien verhöhnen die Opfer

 

Merkwürdigerweise berichten die Medien nicht über die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Milch und ihre gefährlichen Folgen. Sie verspotten lieber Opfer, bei denen es sich oft „ausnahmslos um Frauen“ handle, wie etwa bei der Laktoseintoleranz, dem „attraktiven Leiden an der Zeit und der Welt“, wie die sonst so achtsame und moralinstarke Süddeutsche Zeitung höhnte.

 

Die Konkurrenz veröffentlicht schon Bekennerschriften („Warum ich fast gar keine Milch mehr trinke“).

 

Das sind natürlich undifferenzierte Pauschalurteile. Plumper Populismus, gerichtet gegen: die „Milch“. Über die Gesundheitsfolgen der Industrialisierung dieses einstigen Naturtranks möchten sie nicht so gern berichten. Zum einen ist das zu anstrengend und zu kompliziert. Zum anderen ginge es ja gegen die letzten verbliebenen Werbekunden, und die sollen schließlich nicht vergrault werden.

 

100 Millionen oder was? 

 

Schließlich geht es um viel Geld, allein bei einem der ganz großen Werbekunden aus der Branche kassieren sie 100 Millionen Euro - im Jahr.

 

Die Werbung wirkt: Jeder kennt seine Sprüche. Und jeder schluckt seine Erzeugnisse, so prahlt er in der Firmen-PR: „Mit Sicherheit hat jeder Deutsche fast täglich eines unserer Produkte auf dem Tisch“. Sie seien tatsächlich in aller Munde, ob als „Milcherzeugnis“, als „Dressing“ oder als Zutat „für andere Segmente der Lebensmittelindustrie“, den Käse für die Pizza oder Molkenpulver für die Säuglingsnahrung. So die stolze Sortimentsbeschreibung .

 

Alles Müller,... oder was?“.

 

Eines gibt es allerdings nicht: Milch. Also: Normale Milch, wie die Kuh sie schuf.

 

Das zeigt sich beim Besuch im Müllermilch-Outlet am Gründungsort Aretsried, wo die silbrig glänzenden Tankanlagen, Produktionsstätten den Kirchturm ganz klein erscheinen lassen. Da gibt es zwar „Müllermilch“ in vielerlei Varianten bis hin zur „Happy Halloween Edition“ in diversen den Geschmacksvarianten („Müllermilch spukt durch die Regale!“).

 

Nur eines gibt es nicht: Milch. Also: Normale Milch.

 

„Normale Milch haben wir nicht“, sagt die Dame an der Kasse, aus der das Geld dann weiterfließt, bis zum Konzernhauptquartier im steuergünstigen Luxemburg, Rue Albert Borschette 2b (siehe Hans-Ulrich Grimm: Warum Fleisch uns nicht wurscht sein darf).

 

Melken fürs Steuerparadies

 

Müllermilch: die reine Geldmaschine, angesiedelt im Steuerparadies. Auch darüber schweigen die Medien, merkwürdigerweise. 

 

Im Weltreich von Big Milk ist der deutsche Milchkönig dabei noch ein Winzling. Zu den größten Molkereien auf diesem Globus gehört ein Konzern namens Nestlé, bekannt als Erfinder der Säuglingsmilch, und seit langem skandalumwittert. Und der Fruchtzwerge-Riese Danone, ebenfalls ganz groß bei Milchnahrung für die Allerkleinsten. Auch der holländische Milch-Multi FrieslandCampina (Landliebe, Tuffi).

 

Der Champion des globalen Handels sitzt, ausgerechnet, am Ende der Welt, in Neuseeland: Die Firma Fonterra ist Exportweltmeister in der Milchbranche, 30 Prozent der weltweiten Handelsumsätze fließen in ihre Kassen.

 

Eigentlich geht das gar nicht, nicht mit dieser weißen Flüssigkeit, die binnen kurzem sauer wird. Kaum ist sie aus dem Euter geflossen, machen sich Bataillone von kleinen Lebewesen darüber her, die Milchsäurebakterien (Lactobacillae), in einem Liter stecken bis zu einer Milliarde von ihnen.

 

Risikofaktor H-Milch

 

Damit die Milch weltmarktfähig wird, müssen die natürlich weg. Also wird die Milch erhitzt. Der Vorteil: Sie hält länger. Der Nachteil: Ihr gesundheitlicher Wert verdampft, mit jedem Grad mehr, mit jeder Minute im Hitzekessel.

 

Und das hat Folgen. Zum Beispiel fürs Immunsystem, die „immunogene Aktivität von Kuhmilch“, wie das Wiener Wissenschaftlerinnen nennen, die haarklein die Folgen der Verarbeitung für die Körperabwehr nachzeichnen, wie die Immunkräfte gestört werden können, die Abwehr geschwächt – oder Überreaktionen hervorgerufen werden, die Allergien.

  

Die Folge: Die Menschen, vor allem auch Kinder, werden empfänglicher für Krankheiten, fiebrige Erkältungen, Atemwegsinfekte, auch Mittelohrentzündung. Das hatte eine internationale Forschergruppe unter Leitung der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität herausgefunden. So schützt etwa die klassische pasteurisierte Milch noch vor fieberhaften Erkrankungen, die H-Milch hingegen gar nicht.

 

Das Problem: Ausgerechnet die ungesündeste Milch wird in Deutschland am meisten getrunken. Marktanteil der auf bis zu 150 Grad "ultrahocherhitzten" Milch: unglaubliche 70 Prozent.

 

Auf weitere 25 Prozent kommt die sogenannte „ESL“-Milch („Extended Shelf Life“, verlängerte Lebensdauer im Regal), in denen das Leben, die Mikroorganismen, ebenfalls weitgehend entfernt sind, durch Erhitzung auf 127 Grad oder mittels Filtern. Zusammen also: 95 Prozent.

 

Die H-Milch wurde vom Ur-Vater der Milchkritik, Otto M. Bruker, als „Totmilch“ geschmäht – nach heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine absolut korrekte Beschreibung: Schließlich wird tatsächlich alles Leben in dieser Flüssigkeit abgetötet, um die monatelange Haltbarkeit zu erreichen.

 

Die Erhitzung führt aber auch zur Bildung von Stoffen, die im Übermaß zum Problem werden, Krankheiten auslösen, vorzeitige Alterung, frühen Tod: die sogenannten Advanced Glycation End Products (AGEs), die übrigens auch im (erhitzten) Kraftfutter für Kühe stecken.

 

Als Immunstörer wirkt überdies eine weitere industrielle Maßnahme zur Verlängerung der Haltbarkeit führen soll: die sogenannte Homogenisierung, die verhindert, dass sich das Milchfett oben sammelt. Auch diese „Homogenisierung könnte die Allergenität der Milch erhöhen“, räumte eine internationale Forschergruppe ein, unter Beteiligung des Danone-Forschungszentrums.

 

Es ist also die industrielle Verarbeitung, die Milch zum Risiko werden lässt. Und je massiver die Manipulationen, desto ungesünder wird sie.

 

Am gesündesten, da sind sich die Mediziner mittlerweile einig, ist die Rohmilch, direkt ab Kuh, ein Befund, der mittlerweile weltweit von zahlreichen Untersuchungen gestützt wird, vor allem den berühmten Bauernhofstudien.

 

Glückliche Kinder vom Bauernhof

 

Kinder, die auf (traditionellen) Bauernhöfen aufwachsen und Rohmilch trinken, sind demnach besser vor Krankheiten geschützt, sie haben signifikant mehr T-Zellen im Blut, die wichtig sind für die Abwehrstärke. Sie haben auch weniger Allergien, bei denen die Abwehr bekanntlich überreagiert.

 

Die in der Milch verbliebenen Bakterien gelten als idealer Sparringspartner für die eigenen Abwehrkräfte – können aber auch, im Übermaß, gefährlich werden, weshalb niemand offiziell die Rohmilch empfehlen mag, jedenfalls außerhalb von Gehöften mit eigener Kuh.

 

Aber: Es muss ja nicht gleich Rohmilch sein. Es gibt schließlich eine breite Palette mit zehn unterschiedlichen Milchtypen, abgestuft nach Entfernung von der Kuh und Verarbeitungsintensität. 

 

Auch jene einst „normale“, pasteurisierte Milch, die mittlerweile völlig an den Rand gedrängt wurde, ist immer noch gesünder als  H-Milch.

 

Am ungesündesten: Das Milchpulver, aus dem die überaus erfolgreichen Muttermilchersatzprodukte, die Säuglingsmilch fürs Fläschenchen, auch die Kindermilch für die Zeit danach.

 

Am gesündesten eingestuft ist übrigens die Milch der Bio-Marke Demeter, wo die Kälber länger bei Mama Kuh bleiben, später sogar ihre Hörner behalten dürfen - was sich, dafür gibt es sogar wissenschaftliche Hinweise, angeblich auch auf die Milch auswirken kann.

 

Nicht auf der Liste: Die Milch-Ersatzprodukte, auf Basis von Hafer & Co, angereichert mit zahlreichen Zusatzstoffen, Phosphaten beispielsweise, die zu Knochenschwäche, aber auch Herzinfarkt, Schlaganfall, schnellem Altern und frühem Tod führen können (siehe DR. WATSON News im tierleidfreien Monat Veganuary). Also: Keineswegs Naturkost, sondern High-Tech-Produkte, sogenannte „ultra-verarbeitete Nahrung“, wie Cola, Tiefkühlpizza, Fertiggerichte – genauso ungesund und umweltschädlich

 

Dabei ist Hafer als solcher natürlich völlig okay, am besten naturnah im Müsli zu genießen, mit echter Milch, oder Natur-Joghurt.