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10.02.2012

DR. WATSON Interview

Wider die "Coca-Kolonisierung" der Welt: Diabetesforscher Paul Zimmet (links) mit DR. WATSON-Redakteur Hans-Ulrich Grimm in Brüssel.

Macht Zucker Zucker?

Die Zuckerkrankheit und die „Coca-Kolonisierung“ der Welt

Schon am Eingang wurden Gepäckstücke durchleuchtet, Aktentaschen, Mäntel. Sicherheitskontrollen wie am Flughafen. Dabei sind die Leute höchst friedfertig, auch wenn sie hier, im Gebäude der EU-Kommission in Brüssel, über eine „Zeitbombe“ debattieren, die zur globalen Bedrohung zu werden droht: Übergewicht und Diabetes. Aus der ganzen Welt sind sie gekommen zu der Konferenz, die noch bis heute abend dauert. Der prominenteste Teilnehmer: Professor Paul Zimmet, Diabetesforscher aus Australien. DR. WATSON hat mit ihm gesprochen.

DR. WATSON: Herr Professor Zimmet, beim Thema Zuckerkrankheit ist die naheliegende Frage die nach der Rolle des Zuckers. Also: Macht Zucker Zucker?

Prof Zimmet: Dazu gibt es viele Studien. Die eine Hälfte sagt ja, die andere nein. Ich glaube nicht, dass Zucker an sich giftig ist. Es geht ja nicht um den Zucker allein, Fett kann auch eine Rolle spielen.

DR. WATSON: Und wie ist es mit der „Coca-Kolonisierung“, von der Sie immer sprechen?

Prof Zimmet: Das ist die gleiche Geschichte. Ich glaube nicht, dass speziell Coca-Cola Diabetes verursacht. Es ist nur Teil eines Pakets. Coca-Kolonisierung ist ein anderer Ausdruck für die „Western Diet“...,

DR. WATSON:...die westliche Ernährungsweise, die auf einem speziellen, industriell produzierten Nahrungsangebot beruht: Soft Drinks, Fertiggerichte, Snacks. Manche Wissenschaftler bezeichnen das als „giftige Umgebung“, als „Toxic Environment“.

Prof Zimmet: „Toxic Environment“, das ist ein anderer Ausdruck für das gleiche Phänomen. Da gehört alles zusammen, bis hin zur Mobilität, weniger Bewegung, Fast Food. Hohe Energie, wenig Nährwert bei vielen Kalorien. Das sind alles Aspekte dieses Phänomens, ob Sie das „Coca-Kolonisierung“ nennen oder „Giftige Umgebung“. Alle sprechen über die gleichen Sachen, seit 25 Jahren.

DR. WATSON: Zuckerkrank macht also eher dieses westliche Industrienahrungs-Angebot, weniger der Genuss, etwa von Schokolade?

Prof. Zimmet: Gerade bei der dunklen Schokolade gibt es ja diese Geschichte mit den Polyphenolen, Flavonoiden, da gibt es Untersuchungen über positive Effekte für Herz und Kreislauf und vielleicht sogar Diabetes. Das hat vor allem mit dem Kakao zu tun.

DR. WATSON: Also sind Sie ein Freund der Schokolade?

Prof. Zimmet: Ich liebe Schokolade, aber unglücklicherweise muss ich auf mein Gewicht achten.

DR. WATSON: Und Ihre Kinder, haben Sie denen Schokolade erlaubt, oder gesagt, Vorsicht, Schokolade ist Gift?

Prof. Zimmet: So etwas habe ich nie gesagt. Mein Sohn ist Kardiologe, der ist ein großer Freund speziell von belgischer Schokolade. Er hat mich gebeten, ihm unbedingt welche mitzubringen von hier.

DR. WATSON: Professor Zimmet, vielen Dank für dieses Gespräch.