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10.06.2011

DR. WATSON News

Brüssel macht Druck in Sachen Süßstoff

EU-Kommission: Lebensmittelbehörde Efsa muss nachsitzen

Die Europäische Union (EU) ist unzufrieden mit der Süßstoff-Bewertung ihrer Lebensmittel-Sicherheitsbehörde Efsa. Sie verlangt neue Sicherheitsbewertungen zu dem umstrittenen chemischen Zucker-Ersatz Aspartam (E 951) - auch aufgrund kritischer Vorstöße von EU-Parlamentariern. Die EU-Lebensmittelbehörde hatte in den letzten Jahren Sicherheitsbedenken zum Süßstoff, etwa über ein erhöhtes Krebsrisiko, stets abgeschmettert.

Ein Sprecher von EU-Gesundheitskommissar John Dalli begründete dies mit den ernsthaften Bedenken, die unter anderem im Europäischen Parlament vorgetragen worden seien.

Im April hatte im Europäischen Parlament eine Anhörung zu einem Gesetzesvorschlag zum umstrittenen Süßstoff stattgefunden, der Warnhinweise auf der Verpackung verlangt. Vorgelegt wurde diese Ergänzung zum Gesetz von der französischen Parlaments-Abgeordneten Corinne Lepage (Liberale Fraktion). Sie berief sich dabei auf dänische Studien, die ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten durch Aspartam beobachtet hatten. Die Efsa hatte diese Studien zuvor als unzureichend abgetan, die Bedenken im Frühjahr verworfen (siehe DR. WATSON NEWS vom 23. März 2011).

Jetzt musste sich die Behörde angesichts wachsender Kritik öffentlich rechtfertigen. Sie beteuert unter anderem, dass Aspartam "auf alle erdenklichen Risiken ausreichend geprüft" worden sei.

Das Risiko für Frühgeburten durch den Verzehr von Aspartam in Süßstoffgetränken untersuchte Studienleiter Thorhallur Halldorsson aus der dänischen Haupstadt Kopenhagen mit amerikanischen und isländischen Kollegen in einer großen Studie an fast 60.000 schwangeren Frauen. Und kam zu dem Ergebnis: Schon eine Light-Limonade pro Tag konnte die Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt um 38 Prozent erhöhen. Auf 80 Prozent stieg es für die Schwangere, die täglich mindestens vier Diätbrausen tranken.

In einer Studie des italienischen Ramazzini-Institutes führte Aspartam zu bösartigen Tumoren sowie Krebs an Leber und Lungen. Und das bereits bei der Hälfte des in Europa als unbedenklich erlaubten Grenzwertes. Vor allem die dauerhaften Nutzer des Süßstoffs sind nach den Erkenntnissen der Ramazzini-Forscher gefährdet. Sie hatten die Gesundheitsfolgen bei den Versuchstieren bis zu deren natürlichem Tod beobachtet.

Die übliche kurze Test-Dauer könne die Folgen gar nicht zeigen, so der Ramazzini-Direktor:

"Hätten wir die Experimente gestoppt, als die Ratten 110 Wochen alt waren," so Dr. Soffritti, "hätten wir höchstwahrscheinlich die Karzinogenität dieses wichtigen industriell eingesetzten Stoffes gar nicht zeigen können."

Die Efsa bemängelt jedoch, dass der Zusammenhang nicht eindeutig sei. Unter anderem auch, weil die Brausen in der Regel nicht nur einen Süßstoff enthalten, sondern meist einen Mix aus verschiedenen chemischen Süßungsmitteln.

Weder die dänische Studie noch neue Erkennnisse italienischer Forscher sah die Efsa als schwerwiegend genug an, die Sicherheit der Süßstoffe zu bezweifeln.

Ailbhe Fallon, Sprecherin des weltweit größten Aspartamherstellers, dem japanischen Konzern Ajinomoto, äußerte sich damals befriedigt über die „klare und unumwundene Aussage“ der Efsa. Jetzt hat Ajinomoto einen Kommentar zur anstehenden Neubewertung abgelehnt.